Prima A: Lektion 15

15 T Anschlag auf den Konsul Cicero

Im Jahre 63 v. Chr. plante eine Gruppe von Verschwörern unter Führung Catilinas die politischen Verhältnisse in Rom radikal zu verändern und die Macht an sich zu reißen. Als eine gewisse Fulvia über ihren Geliebten Quintus Curius erfuhr, dass der Konsul Cicero noch in derselben Nacht von den Verschwörern ermordet werden sollte, eilte sie sofort zu dessen Haus. Da sie sich als Frau an die Hausherrin zu wenden hatte, bat sie Ciceros Sekretär Tiro, der die Tür öffnete, Ciceros Frau Terentia zu benachrichtigen.

In tiefer Nacht weckte Tiro seine Herrin aus dem Schlaf. Multa nocte Tiro dominam suam e somno excitavit.
Terentia, sobald sie dessen Stimme und Unruhe bemerkte, erhob sich sofort. Terentia, ubi eius vocem sollicitudinemque1 animadvertit, statim surrexit.
Da sagte Tiro:" Der Herr ist in höchster Gefahr. Schau,Fulvia, die dich aufsuchen will. Tum Tiro: „Dominus“, inquit, „in summo periculo est. Ecce Fulvia, quae te convenire vult.“
Terentia grüßte diese, dann sagte Fulvia: "Mein Quintus Curius und einige Männe sind heute bei Marcus Porcius Laeca gewesen. Terentia eam salutavit2, tum Fulvia dixit: „Quintus Curius meus et pauci viri hodie apud M. Porcium Laecam3fuerunt.
Höre das (n.Pl.!), was sie beraten haben: Den Konsul, deinen Ehemann, wollem sie in eurem Haus ermorden!" Audi ea, quae consuluerunt: Consulem, maritum tuum, in aedibus vestris necare volunt!“
Terentia, nachdem sie die Worte der Fulvia gehört hatte (Perf.), eilte zu Cicero und meldete diesem die Gefahr. Terentia, postquam verba Fulviae audivit, ad Ciceronem contendit eique periculum nuntiavit.
Dieser (rel. SA) eilte sofort aus dem Schlafgemach, holte alle Sklaven zusammen, befahl diesen:" Qui statim e cubiculo4 cucurrit, cunctos servos arcessivit, eis imperavit:
Eilt zur Tür und schließt diese! Verteidigt mich vor jenen Menschen, die mich ermorden wollen!" „Currite ad ianuam<5 et claudite eam! Defendite me ab iis hominibus, qui me necare volunt!“
Im Morgengrauen traten tatsächlich zwei Menschen an das Haus des Konsuls Prima luce profecto duo homines ad aedes consulis accesserunt.
Lange standen sie vor der Tür, dann bemühten sie sich vergeblich, diese zu öffenen, und schließlch gingen sie weg. Diu ante ianuam steterunt, tum eam aperire frustra studuerunt, denique discesserunt.
Am darauf folgenden Tag rief Cicero die Senatoren im Tempel des Iuppiter Stator zusammen. Postridies6 Cicero senatores in templum Iovis Statoris7 convocavit.
Sobald er Catilina sah, hielt er seinen Zorn nicht mehr zurück und klagte diesen folgendermaßen an:"Schon lange, Catilina, kennen wir deine Pläne. Ubi Catilinam vidit, iram non iam tenuit eumque ita accusavit: „Iam diu, Catilina, consilia tua cognovimus.
Ich habe mich gut geschützt vor den Hinterhalten, die du mir in meinem Haus bereitet hast. So habe ich die Gefahr des Todes vermieden. Me bene defendi ab insidiis, quas mihi in aedibus meis paravisti. Ita periculum mortis vitavi.
Ich ermahne dich, ich fordere von dir: Befreie uns von deine Gefahr, verlasse endlich diesen Tempel und unsere Stadt! Ego te moneo, a te postulo: Libera nos a periculo tuo, relinque tandem id templum urbemque nostram!“
Durch diese Rede vertrieb Cicero den Catilina aus der Sradt. Qua oratione Cicero Catilinam ex urbe pepulit.

1 sollicitûdô, inis Unruhe – 2 salûtâre begrüßen – 3 M. Pocius Laeca: ein Mitverschwörer des Catilina – 4 cubiculum Schlafzimmer – 5 iânua Eingangstür – 6 postrîdiê am folgenden Tag – 7 templum Iovis Statôris der Tempel des Jupiter Stator (in dem oft Senatssitzungen stattfanden)


15 Z Cicero wird gejagt

Viele Jahre später (43 v. Chr.) hatte Cicero den übermächtigen Politiker Marcus Antonius in mehreren Reden scharf angegriffen; denn im Streben des Antonius nach Alleinherrschaft sah Cicero eine Gefahr für die römische Republik und die Herrschaft des Senats. Antonius schwor Rache und befahl seinen Leuten, den Widersacher zu töten. Als Cicero, der sich außerhalb Roms befand, von Freunden über den Racheplan des Antonius erfuhr, blieb ihm nur die Flucht, und er beklagte sich bitter über sein Schicksal:

Nachdem Cicero den Freunden Dank gesagt hatte (Perf.!), schickte er diese weg und dachte sofort über die Flucht nach. Postquam Cicero amicis gratias egit eosque dimisit, statim de fuga1 cogitavit:
"Gute Götter, helft mir und meiner armen Familie! Antonius habe ich auf dem Forum `Bestie` und `Feind des Vaterlands` genannt. „Di2 boni, adeste mihi familiaeque meae miserae! Antonium in foro ‚bestiam‘ et ‚hostem patriae‘ appellavi.
Dieser (rel. SA) hat sicher schon seine Soldaten zu mir geschickt. Qui certe iam milites suos ad me misit; mihi hic manere non licet.
Habe ich etwa das Vaterland vergeblich aus viele Gefahren gerettet? Num ego patriam e multis periculis frustra servavi?
Bin ich nicht der Konsul gewesen, der Catilina aus der Stadt vertrieben und so das Vaterland von dessen Verbrechen befreit hat? Nonne ego fui is consul, qui Catilinam ex urbe expulit atque ita patriam ab eius sceleribus liberavit?
Damals lobten die Senatoren meine Tapferkeit und riefen mich `Vater des Vaterlands`. Tum senatores virtutem meam laudaverunt meque ‚patrem patriae‘ vocaverunt.
Immer habe ich alle Gefahren überwunden und die Freiheit des Staates verteidigt. Nun aber muß ich die Heimat und Italien verlassen und mein Leben retten. Semper ego cuncta pericula superavi et libertatem3 rei publicae4 defendi. Nunc autem patriam Italiamque relinquere atque vitam meam servare debeo.“

1 fuga Flucht – 2 dî ~deî – 3 lîbertâs Freiheit – 4 reî pûblicae des Staates