Prima A: Lesen III

III prima lesen

Mitten in der Nacht kam eine Frau zu Tarquinius Superbus und zeigte diesem neun Bücher Multa nocte ad Tarquinium Superbum mulier venit eique novem1 libros ostendit.
Tarquinius fragte:" Wer bist du, Frau? Was willst du? Ich habe dich niemals gesehen!" Tarquinius: „Quis es, mulier? Quid cupis? Te numquam vidi.“
Die Frau aber sagte dem König: Schau' diese Bücher, die ich mit mir trage! Mulier autem regi dixit: „Vide libros, quos mecum porto!
Die Worte, die du in diesen Büchern liest, sind Weissagungen der Götter. Ich will die Bücher verkaufen." Verba, quae in iis libris legis, oracula2 deorum sunt. Libros vendere volo.“
Sobald Tarquinius nach dem Preis fragte, forderte die Frau eine große Menge Geld. Ubi Tarquinius pretium3 rogavit4, mulier magnam copiam pecuniae postulavit.
Tarquinius aber wollte das Geld nicht geben: "Der Preis, den du forderst, ist ungeheuerlich. Tarquinius autem pecuniam dare noluit: „Pretium, quod postulas, ingens est.
Willst du mich verspotten?" Num me ridere vis?“

1 novem neun – 2 ôrâculum Weissagung – 3 pretium Preis – 4 rogâre m. Akk. fragen nach etwas

Sofort nahm die Frau drei Bücher und warf diese ins Feuer. Statim mulier tres1 libros cepit eosque in ignem2 misit.
Dann sagte sie dem König:"Diese drei Bücher kann ich nicht mehr wiederherstellen, aber nun verkaufe ich dir sechs Bücher." Tum regi dixit: „Eos tres libros restituere3 non possum, sed nunc tibi sex4 libros vendo.“
Weil die Frau für die sechs Bücher den gleichen ungeheuren Preis forderte, lachte der König diese aus:"Bist du etwa ein Dieb, Frau? Quod mulier pro sex libris idem 5 ingens pretium postulavit, rex eam risit: „Num fur es, mulier?
Nur sechs Bücer bleiben übrig, dennoch forderst du den gleichen Preis. Das nenne ich ein Verbrechen!" Solum sex libri restant, tamen idem pretium postulas. Quod ego crimen voco!“

1 três drei – 2 îgnis Feuer – 3 restituere wiederherstellen – 4 sex sechs – 5 idem Akk. n denselben

Aber die Frau zögerte nicht, wiederum drei Bücher in das Feuer zu werfen. Sed mulier non dubitavit iterum1 tres libros in ignem mittere.
Darauf sagte sie: "Nun bleiben drei Bücher übrig. Es ist dir erlaubt, die zu kaufen, aber ich verlange den gleichen Preis!" Tum dixit: „Nunc tres libri restant. Tibi licet eos emere, sed idem pretium postulo.“
Tarquinius dachte lange über die Worte der Frau nach; schließlich sagte er:"Deine Zuversicht gefällt mir, Frau. Tarquinius diu de verbis mulieris cogitavit; denique dixit: „Fiducia2 tua mihi placet, mulier.
Verkaufe mir diese Bücher! Das Geld, das du willst, gebe ich." Vende mihi eos libros! Pecuniam, quam cupis, do.“
Die Frau übergab dem König die Bücher; dann dankte sie ihm und ging davon. Mulier regi libros praebuit; tum ei gratias egit et discessit.

1 iterum Adv. wiederum – 2 fidûcia Zuversicht

So kaufte Tarquinius drei Bücher für den Preis von neun Büchern, weil er deren Wert nicht sofort erkannt hatte. Die Frau aber wurde nie mehr wiedergesehen. Viele glaubten, dass es die griechische Seherin Sibylle gewesen sei, die in einer Grotte nahe bei Cumae in Kampanien ein Orakel hatte. Nach ihr wurden die drei Bücher "sibyllinische Bücher" genannt; die Römer bewahrten sie sicher in einem Tempel auf, um in Notzeiten Rat über die Zukunft einholen zu können.