Mt 1

B+1

Die Evangelien

Vier Evangelienbücher fanden Aufnahme in das Neue Testament. Sie bezeugen, jedes auf seine Weise, das eine Evangelium von Jesus Christus. Ihre literarische Form zeigt an, dass die Evangelien sog. Sammelwerke sind; ursprünglich einzeln weitergegebene Überlieferungsstücke über Worte und Taten Jesu sind von den Evangelisten gesammelt und durch redaktionelle Überleitungen zu einem Ganzen zusammengefügt worden. Diese Bücher wurden von der frühen Kirche wahrscheinlich nach der damals angenommenen Abfassungszeit geordnet. Das Wort »Evangelium« stammt aus dem Griechischen (euangélion) und bedeutet »gute Nachricht«, »frohe Botschaft«. Mit diesem Wort benannten die Christen ihre Verkündigung von dem endgültigen Heil, das Gott durch Jesus Christus allen Menschen anbietet. Markus verwendete als erster dieses Wort als Überschrift seines Berichts über die Worte, die Taten und das Schicksal Jesu (1,1). Damit entstand eine neue Form religiöser Schriften, die Evangelien.

Die Überschriften der kanonischen Evangelien lauten seit dem 2. Jahrhundert: Das Evangelium nach Matthäus, nach Markus, nach Lukas, nach Johannes. Die ersten drei Evangelien sind untereinander nach Inhalt, Aufbau und Sprache eng verknüpft; darum werden sie »synoptische« Evangelien genannt (synopsis, das heißt Zusammenschau).

B+0Die Überschrift des ersten Evangeliums nennt einen Matthäus als Verfasser und will wohl auf den Zöllner von Kafarnaum verweisen, den Jesus nach Mt 9,9 und 10,3 in den Kreis der Zwölf berief. Matthäus setzt ihn mit dem Levi des Markus- und des Lukasevangeliums gleich (vgl. Mk 2,13-17; Lk 5,27-32). Nach alter kirchlicher Überlieferung soll Matthäus als erster ein Evangelium in hebräischer Sprache verfasst haben. Es sind aber keine Texte von einem solchen hebräischen Evangelium erhalten.

Das uns überlieferte Evangelium wurde in griechischer Sprache abgefasst, und es benutzt das griechisch geschriebene Markusevangelium als Vorlage. Es schöpft außerdem aus einer anderen griechischen Vorlage, die auch Lukas verwertet hat, einer heute verloren gegangenen Sammlung von Worten Jesu (sog. Spruch- oder Redequelle). Daraus sind die Bergpredigt, das Vaterunser und eine Reihe von Gleichnissen genommen, die sich bei Matthäus und Lukas, nicht aber bei Markus finden. Außerdem bietet Matthäus Überlieferungen, die weder bei Markus noch bei Lukas begegnen (sog. Sondergut).

Das Evangelium setzt den Untergang Jerusalems (70 n. Chr.) voraus; es ist wohl um 80 n. Chr. verfasst worden, und zwar vermutlich in Syrien (eher als in Palästina). Seinem Inhalt ist zu entnehmen, dass es in einem Gebiet entstanden sein muss, in dem Christen und Juden zusammenlebten. Als Verfasser nimmt man heute einen uns nicht näher bekannten judenchristlichen Lehrer an, der noch Schüler der Apostel war.

Matthäus sammelt Überlieferungen über Jesus, vor allem Worte Jesu, und ordnet sie zeitlich und thematisch in den dreistufigen Aufbau ein, den das Markusevangelium bietet: Anfang in Galiläa; Unterweisung der Jünger und Zug nach Jerusalem; Leiden und Tod in dieser Stadt. An den Anfang stellt er die Vorgeschichte Jesu, an das Ende einen Bericht von der abschließenden Erscheinung des Auferstandenen in Galiläa.

Im Einzelnen lässt sich folgender Aufbau feststellen: Die Herkunft und Kindheit Jesu (1,1 - 2,23). Das Wirken Jesu in Galiläa (3,1 - 18,35) mit den Abschnitten: Vorbereitung (3,1 - 4,11: Taufe, Versuchung), erstes Auftreten in Galiläa und Berufung der ersten Jünger (4,12-25), die Verkündigung des Messias (5,1 - 7,29) und seine Taten (8,1 - 9,34), Aussendungsrede (9,35 - 11,1), Beginn der Entscheidung (11,2 - 12,50), die Rede über das Himmelreich (13,1-53), Belehrung der Jünger (13,54 - 17,27), die Rede über das Leben in der Gemeinde (18,1-35). Das Wirken Jesu in Judäa und Jerusalem (19,1 - 25,46) mit den Abschnitten: der Weg nach Jerusalem (19,1 - 20,34), die Auseinandersetzung mit den Gegnern (21,1 - 23,39) und die Rede über die Endereignisse (24,1 - 25,46). Darauf folgen das Leiden Jesu (26,1 - 27,66) und die Ostergeschichte (28,1-20).

Der Evangelist wollte offenbar seiner Kirche eine Art Handbuch über Jesus und seine Lehre bieten. Seine Darstellung ist von der Absicht geprägt, Jesus als den Erben Abrahams zu erweisen, den verheißenen Messias Israels, der von Anfang an von den religiösen Führern seines Volkes abgelehnt und verfolgt, von Sündern und Heiden aber anerkannt wurde (vgl. 1,1.17.22f; 8,11f; 23,34-39). Diesem Zweck dienen auch die vielen Zitate aus dem Alten Testament. An die Stelle Israels ist nun die Kirche getreten als das wahre Volk Gottes, bestehend aus Juden und Heiden, aufgebaut auf dem Fels Petrus (22,1-14; 21,43; 27,42; 23,38; 16,13-20). Jesus ist als der Sohn des lebendigen Gottes (16,16; 11,25-27) der endgültige Offenbarer, Gesetzgeber und Lehrer (1,21; 11,25-27; 28,16-20). Das zeigen vor allem die fünf großen Reden: die Bergpredigt (Kap. 5 - 7), die Aussendungsrede (9,35 - 11,1), die Reich-Gottes-Rede (Kap. 13), die Rede über die rechte Ordnung in der Gemeinde (18,1-35), die Gerichtsrede über die Schriftgelehrten und Pharisäer und über die letzten Dinge (Kap. 23 - 25). Die Mitte der Forderungen Gottes bildet das Liebesgebot (22,34-40), das nicht nur dem Nächsten, sondern auch dem Feind gegenüber gilt (5,43-48); als Goldene Regel steht es auch an zentraler Stelle der Bergpredigt (7,12; vgl. 18,23-35 und 19,19). Mit der Auferstehung Jesu ist der Weg des Heils zu allen Menschen offen, alle sollen Jünger Jesu und Kinder des Vaters im Himmel werden (28,18-20).

In der Alten Kirche wurde das erste Evangelium am meisten gelesen und beachtet und wurde so zu dem Evangelium der Kirche.

Die Vorgeschichte: 1,1 - 2,23

Der Stammbaum Jesu: 1,1-17

1 Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams: 12
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2 Abraham war der Vater von Isaak, /
 
Isaak von Jakob, /
 
Jakob von Juda und seinen Brüdern. 4
5]//ESyn0812/<t>
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3 Juda war der Vater von Perez und Serach; ihre Mutter war Tamar. /
 
Perez war der Vater von Hezron, /
 
Hezron von Aram, 6

4 Aram von Amminadab, /
 
Amminadab von Nachschon, /
 
Nachschon von Salmon.

5 Salmon war der Vater von Boas; dessen Mutter war Rahab. /
 
Boas war der Vater von Obed; dessen Mutter war Rut. /
 
Obed war der Vater von Isai,

6 Isai der Vater des Königs David. /
 
David war der Vater von Salomo, dessen Mutter die Frau des Urija war. 7

7 Salomo war der Vater von Rehabeam, /
 
Rehabeam von Abija, /
 
Abija von Asa, 8

8 Asa von Joschafat, /
 
Joschafat von Joram, /
 
Joram von Usija.

9 Usija war der Vater von Jotam, /
 
Jotam von Ahas, /
 
Ahas von Hiskija,

10 Hiskija von Manasse, /
 
Manasse von Amos, /
 
Amos von Joschija.

11 Joschija war der Vater von Jojachin und seinen Brüdern; das war zur Zeit der Babylonischen Gefangenschaft.

12 Nach der Babylonischen Gefangenschaft war Jojachin der Vater von Schealtiël, /
 
Schealtiël von Serubbabel,

13 Serubbabel von Abihud, /
 
Abihud von Eljakim, /
 
Eljakim von Azor.

14 Azor war der Vater von Zadok, /
 
Zadok von Achim, /
 
Achim von Eliud,

15 Eliud von Eleasar, /
 
Eleasar von Mattan, /
 
Mattan von Jakob.

16 Jakob war der Vater von Josef, dem Mann Marias; /
 
von ihr wurde Jesus geboren, /
 
der der Christus (der Messias) genannt wird. 910

17 Im Ganzen sind es also von Abraham bis David vierzehn Generationen, von David bis zur Babylonischen Gefangenschaft vierzehn Generationen und von der Babylonischen Gefangenschaft bis zu Christus vierzehn Generationen. 11

Die Geburt Jesu: 1,18-25

18 Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete - durch das Wirken des Heiligen Geistes. 121314]//ESyn0812/<t>
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19 Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen.
20 Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.
21 Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. 1516
22 Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat:

23 Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, /
 
einen Sohn wird sie gebären, /
 
und man wird ihm den Namen Immanuel geben, /
 
das heißt übersetzt: Gott ist mit uns. 17

24 Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.
25 Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus. 18

1 ℘ (1-17) Lk 3,23-38
2 1-17: Der Stammbaum dient dem Nachweis, dass Jesus der Erbe der Verheißungen ist, die an Abraham und David ergingen. Die Namen des ersten Abschnitts (Abraham-David) sind Rut 4,18-22, die des zweiten (David bis Exil) 1 Chr 3,10-19 entnommen. An Eigentümlichkeiten finden sich: Zwischen Joram und Usija fehlen drei Könige: Ahasja, Joasch und Amazja (vgl. 2 Kön 8,25; 14,21; 1 Chr 3,11f). Statt Amos (1,10) steht 1 Chr 3,14 Amon. Im dritten Abschnitt fehlt ein Name (nur 13 Generationen statt 14). Auffällig ist die Nennung von vier Frauen (1,3.5.6), die Heidinnen waren (Rahab, Rut) oder als Sünderinnen galten (Tamar, Frau des Urija).
3 ℘ ⇨Esyn: Synopse Nr. 1
4 ℘ Gen 21,2f; 25,26; 29,32 - 30,24
5 ℘ ⇨Esyn: Synopse Nr. 6
6 ℘ Gen 38,29f; (3-6) Rut 4,18-22
7 ℘ 2 Sam 12,24
8 ℘ (7-12) 1 Chr 3,10-19
9 ℘ Lk 1,27
10 Es wird vorausgesetzt, dass Jesus durch Adoption in das Geschlecht Davids eingegliedert wurde (vgl. 1,24).
11 In dem Stammbaum mit den 3-mal 14 Generationen verbirgt sich eine Zahlensymbolik: Die Buchstaben dienen im Hebräischen zugleich als Ziffern; zählt man die Buchstaben des Namens David zusammen, so ergibt sich die Zahl 14. Die Generationenfolge soll veranschaulichen, dass sich in Jesus die an David ergangene messianische Verheißung erfüllt hat (2 Sam 7,12-16; vgl. Jes 11,1).
12 ℘ (18-20) Lk 1,35
13 Die jüdische «Verlobung» stellte ein rechtsverbindliches Eheversprechen dar; die eheliche Gemeinschaft wurde aber erst nach der Heimholung der Braut durch den Ehegatten, meist ein oder eineinhalb Jahre später, aufgenommen. Die jüdischen Mädchen heirateten gewöhnlich nach Eintritt der Geschlechtsreife mit 13 bis 14 Jahren. Vgl. noch Lk 1,26-38; 2,5.
14 ℘ ⇨Esyn: Synopse Nr. 7
15 ℘ Lk 1,31; 2,21
16 Der Name Jesus (Jeschua) wird hier als «Retter», «Erlöser» gedeutet.
17 ℘ Jes 7,14 G
18 «Erkennen» wird im Alten Orient auch als Umschreibung des ehelichen Verkehrs gebraucht.