Das Buch Baruch gehört zu den sog. deuterokanonischen Schriften des Alten Testaments. In der griechischen Bibel folgt es unmittelbar auf das Buch Jeremia, die lateinische Bibel hat es hinter die Klagelieder gestellt. Nach eigener Angabe (1,1-14) soll das Buch vom Sekretär des Propheten Jeremia nach der Wegführung in Babel verfasst und dann nach Jerusalem geschickt worden sein, damit es dort während liturgischer Versammlungen gelesen werde (zu Baruch, dem Sekretär Jeremias, vgl. die Einleitung zu Jer). Sein Inhalt besteht in der Hauptsache aus einem Gebet mit einem Schuldbekenntnis, einer Bitte um Vergebung und einer Vertrauensbekundung (1,15 - 3,8), aus einem Lob auf die Weisheit (3,9 - 4,4), aus der Klage Jerusalems mit einer Aufmunterung zur Hoffnung (4,5 - 5,9). Schließlich enthält Kap. 6 (in der griechischen Bibel eine eigene Schrift mit dem Titel »Brief des Jeremia«) eine Abhandlung gegen die Götzen und ihre Verehrer. Teile des Buches gehen vielleicht auf ein hebräisches Original zurück. Die heutige Gestalt dürfte das Buch im ersten vorchristlichen Jahrhundert erhalten haben. In diese Zeit weist auch ein kleines griechisches Fragment des Buches unter den Funden von Qumran.
Die theologische Bedeutung des Buches besteht darin, dass es Einblick gewährt in das Leben des Gottesvolkes in der Diaspora und dass es zeigt, wie das religiöse Leben in Gebet und Liturgie, in der Einstellung zum mosaischen Gesetz und zu den messianischen Erwartungen auch dort mit Jerusalem verbunden blieb. Ähnlich wie die Klagelieder bezeugt das Buch Baruch den nachhaltigen Einfluss, den der Prophet Jeremia über den Untergang Jerusalems hinaus im Volk Israel ausgeübt hat. Dank seines prophetischen Wirkens kommt es nach dem Exil zur Neuerrichtung der Gemeinde Israel, der Hoffnung und Zukunft verheißen wird.
Einleitung: 1,1-14
1 Das ist der Wortlaut des Buches, das Baruch, der Sohn Nerijas, des Sohnes Machsejas, des Sohnes Zidkijas, des Sohnes Hasadjas, des Sohnes Hilkijas, in Babel geschrieben hat.
1
2 Es war im fünften Jahr, am siebten Tag des fünften Monats, zur selben Zeit, als die Chaldäer Jerusalem eingenommen und in Brand gesteckt hatten.
23
3 Baruch verlas den Wortlaut dieses Buches vor König Jojachin von Juda, dem Sohn Jojakims, und vor dem ganzen Volk, das zusammengekommen war, um die Schrift zu hören.
45
4 Er las vor den königlichen Beamten und Prinzen, vor den Ältesten und dem ganzen Volk, vom Kleinsten bis zum Größten, vor allen, die in Babel am Fluss Sud angesiedelt waren.
5 Da weinten, fasteten und flehten sie vor dem Herrn.
6 Dann legten sie Geld zusammen, so viel ein jeder vermochte,
7 und sandten es nach Jerusalem an den Priester Jojakim, den Sohn Hilkijas, des Sohnes Schallums, an die übrigen Priester und an das ganze Volk, das sich mit ihm in Jerusalem befand.
8 Baruch selbst hatte bereits am zehnten Siwan die Geräte des Hauses des Herrn, die aus dem Tempel verschleppt worden waren, erhalten, um sie in das Land Juda zurückzubringen. Es waren jene silbernen Geräte, die König Zidkija von Juda, der Sohn Joschijas, hatte anfertigen lassen,
9 nachdem Nebukadnezzar, der König von Babel, Jojachin aus Jerusalem verschleppt und nach Babel gebracht hatte, samt den Beamten, den Schmieden, der Oberschicht und den Bürgern des Landes.
6
10 Dazu ließen (die Spender) sagen: Hier senden wir euch Geld. Kauft dafür Brandopfer, Sündopfer und Weihrauch und bereitet Speiseopfer; bringt sie dar auf dem Altar des Herrn, unseres Gottes,
7
11 und betet für das Leben des Königs Nebukadnezzar von Babel und für das Leben seines Sohnes Belschazzar, dass ihre Tage so zahlreich seien wie die Tage des Himmels über der Erde.
8
12 Uns aber verleihe der Herr Kraft und lasse unsere Augen leuchten. So werden wir leben unter dem Schutz des Königs Nebukadnezzar von Babel und unter dem Schutz seines Sohnes Belschazzar, wir werden ihnen lange Zeit dienen und Gunst vor ihnen finden.
13 Betet auch für uns zum Herrn, unserem Gott; denn wir haben gesündigt gegen den Herrn, unseren Gott, und bis heute hat der Herr seinen Grimm und Zorn noch nicht von uns abgewendet.
14 Lest dann dieses Buch vor, das wir euch senden; es soll am Tag des Festes, und zwar an den Versammlungstagen, im Haus des Herrn vorgetragen werden.
9
Das Gebet der Verbannten: 1,15 - 3,8
Das Bekenntnis der Schuld: 1,15 - 2,10
15 Sprecht: Der Herr, unser Gott, ist im Recht; uns aber treibt es bis heute die Schamröte ins Gesicht, den Leuten von Juda und den Bewohnern Jerusalems,
10
16 unseren Königen und Beamten, unseren Priestern und Propheten und unseren Vätern;
17 denn wir haben gegen den Herrn gesündigt
18 und ihm nicht gehorcht. Wir haben auf die Stimme des Herrn, unseres Gottes, nicht gehört und die Gebote nicht befolgt, die der Herr uns vorgelegt hat.
19 Von dem Tag an, als der Herr unsere Väter aus Ägypten herausführte, bis auf den heutigen Tag waren wir ungehorsam gegen den Herrn, unseren Gott. Wir hörten sehr bald nicht mehr auf seine Stimme.
11
20 So hefteten sich an uns das Unheil und der Fluch, den der Herr durch seinen Diener Mose androhen ließ am Tag, als er unsere Väter aus Ägypten herausführte, um uns ein Land zu geben, in dem Milch und Honig fließen, und so ist es noch heute.
21 Wir haben nicht auf die Stimme des Herrn, unseres Gottes, gehört und auf alle Reden der Propheten, die er zu uns gesandt hat.
12
22 Jeder von uns folgte der Neigung seines bösen Herzens; wir dienten anderen Göttern und taten, was dem Herrn, unserem Gott, missfällt.