Mal 1

Die drei Kapitel des Buches Maleachi enthalten sechs zumeist größere Reden des Propheten, die in 3,23f durch einen nachträglich angefügten Schluss ergänzt wurden. Die üblichen Gattungen der Prophetenreden sind bei diesem nachexilischen Buch durch die sogenannte Diskussionsrede abgelöst. In ihr werden nicht nur die Zuhörer angesprochen, sondern auch ihre eigenen Worte aufgegriffen. Die literarischen Gattungen Schelte, Drohung, Verheißung, Warn- und Mahnspruch begegnen in den Maleachireden in wechselnder Folge.

Der Prophet beginnt mit einer Drohung gegen Edom und einer grundsätzlichen Verheißung für Israel (1,2-5). Es folgt eine Belehrung über die rechte Gottesverehrung (1,6-14). Dann wird der Bundesbruch der Priester, die ihren Dienst in Kult und Lehre nachlässig und ehrfurchtslos versehen, angeprangert (2,1-9). Eine Schelt- und Mahnrede gegen die Gemeinde wegen Mischehen und wegen Ehescheidung folgt in 2,10-16. Eine Gerichtsrede richtet sich gegen die »Meineidigen und gegen alle, die die Taglöhner, Witwen und Waisen ausbeuten, den Fremden im Land ihr Recht verweigern« (3,5), sowie gegen diejenigen, die bei Abgaben für den Kult Betrug begehen (2,17 - 3,12). Die letzte Rede (3,13-21) ist dem »Tag des Herrn« gewidmet, der den Frevlern das Gericht, den Gerechten aber den großen Triumph bringen wird.

Ob Maleachi Eigenname ist oder ob das Wort, das »mein Bote« bedeutet, nur einen unbekannten Propheten als Boten bezeichnet (vgl. 3,1), ist umstritten. Allen Anzeichen nach hat der Prophet im 5. Jahrhundert v. Chr. gewirkt. Er ist nicht nur ein Eiferer für den rechten Kult, sondern tritt mit Macht für das Recht und Gesetz Gottes ein. Dabei wird die Treue zur ersten Frau, der »Ehebund« (2,14), mit dem Bund Gottes mit seinem Volk in engen Zusammenhang gebracht, was an die Ehelehre des Neuen Testaments heranführt.

Mt 11,10 (vgl. Mk 1,2; Lk 7,17) bezieht das in Mal 3,1 angesagte Kommen des »Boten« auf Johannes den Täufer. Die kirchliche Lehre sieht den Hinweis Maleachis auf ein universales »reines Opfer« (1,11) als Ankündigung des eucharistischen Opfers an.

Überschrift: 1,1

1 Ausspruch. Wort des Herrn an Israel durch Maleachi.

Das Gericht über Edom und Heil für Israel: 1,2-5

2 Ich liebe euch, spricht der Herr. /
 
Doch ihr sagt: Worin zeigt sich deine Liebe? - Ist nicht Esau Jakobs Bruder? - Spruch des Herrn - /
 
und doch liebe ich Jakob, 1

3 Esau aber hasse ich. /
 
Darum mache ich seine Berge zur Öde und überlasse sein Erbland /
 
den Schakalen der Wüste. 2

4 Edom sagt: Wir sind zerschmettert - /
 
aber wir bauen die Trümmer wieder auf. Doch so spricht der Herr der Heere: /
 
Sie sollen nur aufbauen; ich reiße es wieder ein. Man wird sie das Land des Unrechts nennen /
 
und das Volk, dem der Herr ewig zürnt.

5 Mit eigenen Augen werdet ihr es sehen und werdet sagen: /
 
Groß ist der Herr, weit über Israels Grenzen hinaus.

Die rechte Gottesverehrung: 1,6-14

6 Der Sohn ehrt seinen Vater /
 
und der Knecht seinen Herrn. Wenn ich der Vater bin - /
 
wo bleibt dann die Ehrerbietung? Wenn ich der Herr bin - /
 
wo bleibt dann die Furcht vor mir?, spricht der Herr der Heere zu euch, ihr Priester, /
 
die ihr meinen Namen verachtet. Doch ihr sagt: /
 
Wodurch verachten wir denn deinen Namen? 3

7 Ihr bringt auf meinem Altar eklige Speisen dar. /
 
Ihr sagt: Wodurch erregen wir deinen Ekel? Dadurch, dass ihr sagt: /
 
Der Tisch des Herrn ist nicht so wichtig.

8 Wenn ihr ein blindes Tier als Schlachtopfer darbringt, /
 
ist das nicht schlecht? Und wenn ihr ein lahmes und krankes Tier darbringt, /
 
ist das nicht schlecht? Biete das einmal deinem Statthalter an! /
 
Ob er wohl Gefallen an dir hat und dich freundlich ansieht?, /
 
spricht der Herr der Heere. 4

9 Und nun versucht, Gott damit zu besänftigen /
 
und gnädig zu stimmen! Wenn eure Hände ihm solche Dinge anbieten, /
 
wie kann er euch dann freundlich ansehen?, /
 
spricht der Herr der Heere.

10 Wäre doch jemand bei euch, /
 
der die Tore (des Tempels) verschließt, /
 
damit ihr kein nutzloses Feuer mehr entfacht auf meinem Altar. Ich habe kein Gefallen an euch, /
 
spricht der Herr der Heere, /
 
und ich mag kein Opfer aus eurer Hand. 5

11 Denn vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang /
 
steht mein Name groß da bei den Völkern und an jedem Ort wird meinem Namen ein Rauchopfer dargebracht /
 
und eine reine Opfergabe; ja, mein Name steht groß da bei den Völkern, /
 
spricht der Herr der Heere.

12 Ihr aber entweiht ihn, ihr sagt: /
 
Auf dem Tisch des Herrn darf man eklige Speisen darbringen, /
 
er ist nicht so wichtig. 6

13 Ihr sagt: Welch eine Mühsal!, /
 
und facht das Feuer an - /
 
spricht der Herr der Heere; ihr bringt von geraubten Tieren /
 
die lahmen und kranken als Opfer dar. Soll ich das vielleicht annehmen aus eurer Hand?, /
 
spricht der Herr.

14 Verflucht ist der Betrüger, der dem Herrn ein männliches Tier seiner Herde gelobt, /
 
dann aber ein fehlerhaftes Tier schlachtet. Denn ein großer König bin ich, /
 
spricht der Herr der Heere, /
 
und mein Name ist bei den Völkern gefürchtet.

1 ℘ Dtn 4,37; 7,7f; Hos 11,1; (2-3) Gen 25,23; Röm 9,13
2 «Hassen» bedeutet in solchem Zusammenhang «weniger lieben», «zurücksetzen» (vgl. Lk 14,26).
3 ℘ Ex 20,12; Dtn 5,16; 32,6
4 ℘ Lev 22,18-25
5 ℘ Jer 6,20; Am 5,21
6 12d: H unklar.