Weish 7

Der sterbliche Mensch als Empfänger der Weisheit: 7,1-6

1 Auch ich bin ein sterblicher Mensch wie alle anderen, /
 
Nachkomme des ersten, aus Erde gebildeten Menschen. Im Schoß der Mutter wurde ich zu Fleisch geformt, / 1

2 zu dem das Blut in zehn Monaten gerann durch den Samen des Mannes /
 
und die Lust, die im Beischlaf hinzukam.

3 Geboren atmete auch ich die gemeinsame Luft, /
 
ich fiel auf die Erde, die Gleiches von allen erduldet, /
 
und Weinen war mein erster Laut wie bei allen.

4 In Windeln und mit Sorgen wurde ich aufgezogen; /

5 kein König trat anders ins Dasein.

6 Alle haben den einen gleichen Eingang zum Leben; /
 
gleich ist auch der Ausgang.

Die Gottesgabe der Weisheit: 7,7-14

7 Daher betete ich und es wurde mir Klugheit gegeben; /
 
ich flehte und der Geist der Weisheit kam zu mir. 23

8 Ich zog sie Zeptern und Thronen vor, /
 
Reichtum achtete ich für nichts im Vergleich mit ihr. 4

9 Keinen Edelstein stellte ich ihr gleich; /
 
denn alles Gold erscheint neben ihr wie ein wenig Sand /
 
und Silber gilt ihr gegenüber so viel wie Lehm. 5

10 Ich liebte sie mehr als Gesundheit und Schönheit /
 
und zog ihren Besitz dem Lichte vor; /
 
denn niemals erlischt der Glanz, /
 
der von ihr ausstrahlt. 6

11 Zugleich mit ihr kam alles Gute zu mir, /
 
unzählbare Reichtümer waren in ihren Händen. 7

12 Ich freute mich über sie alle, /
 
weil die Weisheit lehrt, sie richtig zu gebrauchen, /
 
wusste aber nicht, dass sie auch deren Ursprung ist.

13 Uneigennützig lernte ich und neidlos gebe ich weiter; /
 
ihren Reichtum behalte ich nicht für mich. 8

14 Ein unerschöpflicher Schatz ist sie für die Menschen; /
 
alle, die ihn erwerben, erlangen die Freundschaft Gottes. /
 
Sie sind empfohlen durch die Gaben der Unterweisung. 9

Bitte um die Gabe der Lehre: 7,15-21

15 Mir aber gewähre Gott, nach meiner Einsicht zu sprechen /
 
und zu denken, wie die empfangenen Gaben es wert sind; denn er ist der Führer der Weisheit /
 
und hält die Weisen auf dem rechten Weg.

16 Wir und unsere Worte sind in seiner Hand, /
 
auch alle Klugheit und praktische Erfahrung.

17 Er verlieh mir untrügliche Kenntnis der Dinge, /
 
sodass ich den Aufbau der Welt und das Wirken der Elemente verstehe, 10

18 Anfang und Ende und Mitte der Zeiten, /
 
die Abfolge der Sonnenwenden und den Wandel der Jahreszeiten,
19 den Kreislauf der Jahre und die Stellung der Sterne,

20 die Natur der Tiere und die Wildheit der Raubtiere, /
 
die Gewalt der Geister und die Gedanken der Menschen, /
 
die Verschiedenheit der Pflanzen und die Kräfte der Wurzeln. 11

21 Alles Verborgene und alles Offenbare habe ich erkannt; /
 
denn es lehrte mich die Weisheit, die Meisterin aller Dinge. 12

Das Wesen der Weisheit: 7,22 - 8,1

22 In ihr ist ein Geist, /
 
gedankenvoll, heilig, einzigartig, mannigfaltig, zart, beweglich, /
 
durchdringend, unbefleckt, klar, /
 
unverletzlich, das Gute liebend, scharf, 13

23 nicht zu hemmen, wohltätig, menschenfreundlich, /
 
fest, sicher, ohne Sorge, alles vermögend, alles überwachend /
 
und alle Geister durchdringend, /
 
die denkenden, reinen und zartesten.

24 Denn die Weisheit ist beweglicher als alle Bewegung; /
 
in ihrer Reinheit durchdringt und erfüllt sie alles.

25 Sie ist ein Hauch der Kraft Gottes /
 
und reiner Ausfluss der Herrlichkeit des Allherrschers; /
 
darum fällt kein Schatten auf sie.

26 Sie ist der Widerschein des ewigen Lichts, /
 
der ungetrübte Spiegel von Gottes Kraft, /
 
das Bild seiner Vollkommenheit. 14

27 Sie ist nur eine und vermag doch alles; /
 
ohne sich zu ändern, erneuert sie alles. Von Geschlecht zu Geschlecht tritt sie in heilige Seelen ein /
 
und schafft Freunde Gottes und Propheten; 15

28 denn Gott liebt nur den, /
 
der mit der Weisheit zusammenwohnt. 16

29 Sie ist schöner als die Sonne /
 
und übertrifft jedes Sternbild. /
 
Sie ist strahlender als das Licht;

30 denn diesem folgt die Nacht, /
 
doch über die Weisheit siegt keine Schlechtigkeit.

1 1-6: Auch der weise König Salomo ist nur ein armseliger Mensch, dem die Weisheit nicht angeboren ist.
2 ℘ 8,21
3 7-14: Nur durch das Gebet (vgl. 8,21 - 9,19 und 1 Kön 3,6-9) kann Salomo die Weisheit als Geschenk von Gott erhalten.
4 ℘ Spr 8,11
5 ℘ Spr 3,14
6 ℘ 7,29f
7 ℘ 1 Kön 3,13; Spr 3,16; 8,18
8 ℘ 6,22
9 ℘ 7,28
10 ℘ 1 Kön 5,9f
11 ℘ 1 Kön 5,13
12 ℘ 8,5f; 9,9
13 22f: Es werden einundzwanzig (7 mal 3) Eigenschaften der Weisheit aufgezählt.
14 ℘ Hebr 1,3; Kol 1,15
15 ℘ Ps 104,30
16 ℘ Sir 4,14