Sir 16

Die Sünde und ihre Folgen: 16,1-23

1 Wünsch dir nicht schöne Kinder, wenn sie nichts taugen, /
 
und freu dich nicht über missratene Söhne! 1

2 Mögen sie auch zahlreich sein, freu dich nicht über sie, /
 
wenn sie keine Gottesfurcht besitzen.

3 Verlass dich nicht auf ihre Lebensdauer, /
 
setz kein Vertrauen in ihre Zukunft! Besser als tausend ist einer [der Gottes Willen tut], /
 
besser kinderlos sterben, als schlimme Nachkommen haben.

4 Durch einen einzigen Verständigen vermehrt sich die Stadt, /
 
durch die Sippe der Abtrünnigen verödet sie.

5 Viel von dem hat mein Auge gesehen, /
 
mehr noch hat mein Ohr vernommen:

6 Im Kreis der Frevler flammt Feuer auf; /
 
gegen ein sündiges Volk entbrennt der Zorn. 2

7 Er hat den Fürsten der Vorzeit nicht verziehen, /
 
als sie sich in ihrer Stärke empörten. 3

8 Er hat die Mitbürger Lots nicht geschont, /
 
als sie zügellos waren in ihrem Übermut. 4

9 Er hat das todgeweihte Volk nicht geschont, /
 
das wegen seiner Sünden das Land verlor, 5

10 auch nicht die sechshunderttausend Mann Fußvolk; /
 
sie wurden dahingerafft wegen ihres verbrecherischen Herzens. 6

11 Wie erst ergeht es dem Einzelnen, der halsstarrig ist: /
 
Ein Wunder wäre es, wenn er straflos bliebe. Denn bei Gott sind Erbarmen und Zorn, /
 
er vergibt und verzeiht, /
 
doch auch den Zorn schüttet er aus.

12 Sein Erbarmen ist so groß wie sein Strafen, /
 
jeden richtet er nach seinen Taten. 7

13 Der Verbrecher entkommt nicht mit seinem Raub, /
 
doch der Hoffnung des Gerechten setzt Gott kein Ende.

14 Jedem Wohltätigen wird sein Lohn zuteil, /
 
jeder empfängt nach seinen Taten.

15 [Der Herr verhärtete das Herz des Pharao, /
 
der ihn nicht erkannte, /
 
obwohl seine Werke unter dem Himmel offenbar waren. 8

16 Sein Erbarmen ist allen seinen Geschöpfen sichtbar, /
 
sein Licht und sein Dunkel hat er den Menschen zugeteilt.]

17 Sag nicht: Ich bin vor Gott verborgen, /
 
wer denkt an mich in der Höhe? In der großen Menge bleibe ich unbemerkt, /
 
was bin ich in der Gesamtzahl der Menschen?

18 Der Himmel, der höchste Himmel, das Meer und das Land, /
 
sie wanken, wenn er sie heimsucht.

19 Der Untergrund der Berge und die Grundfesten der Erde, /
 
sie erbeben gewaltig, wenn er sie anschaut.

20 Doch an mich denkt er nicht /
 
und wer achtet auf meine Wege?

21 Sündige ich, sieht mich kein Auge, /
 
betrüge ich ganz heimlich, wer weiß es? - 9

22 Das gerechte Tun, wer macht es bekannt? /
 
Und was darf ich hoffen, wenn ich das Gebot halte?

23 Nur ein Unvernünftiger behauptet solches, /
 
nur ein törichter Mensch denkt so. 10

Gottes Wege mit den Menschen: 16,24 - 17,10

24 Hört auf mich und lernt von meiner Erfahrung, /
 
richtet euren Sinn auf meine Worte! 11

25 Wohl überlegt trage ich meine Gedanken vor /
 
und bescheiden teile ich mein Wissen mit:

26 Als Gott am Anfang seine Werke erschuf /
 
und ihnen zu ihrem Dasein Gesetze gab,

27 hat er ihre Aufgabe für immer festgelegt /
 
und ihren Machtbereich für alle Zeiten. Sie ermatten nicht und werden nicht müde, /
 
sie lassen nicht nach in ihrer Kraft. 12

28 Keines seiner Werke verdrängt das andere /
 
und bis in Ewigkeit widerstreben sie seinem Befehl nicht.

29 Dann hat der Herr auf die Erde geblickt /
 
und sie mit seinen Gütern erfüllt. 13

30 Mit allerlei Lebewesen bedeckte er ihre Fläche /
 
und sie kehren wieder zu ihr zurück.

1 1-3: Missratene Söhne sind ein Unglück, weil sie der Strafe Gottes verfallen. Dafür folgen nun Beispiele aus der Geschichte.
2 ℘ Num 16,35
3 ℘ Gen 6,4
4 ℘ Gen 19,24
5 ℘ Ex 23,33; 33,3
6 ℘ 46,8; Ex 12,37; Num 14,22f.29f
7 ℘ Ijob 34,11
8 15f: Die beiden Verse fehlen in fast allen G-Handschriften; sie passen auch inhaltlich nicht in den Zusammenhang.
9 ℘ 23,18
10 ℘ Ps 14,1
11 G hat Einzahl und beginnt mit der Anrede «Mein Sohn».
12 Von hier ab ist bis Kap. 31 fast nichts vom hebräischen Text erhalten.
13 29f: In einem kurzen Rückblick auf den Schöpfungsbericht wird die Mannigfaltigkeit und Hinfälligkeit aller Lebewesen herausgestellt. In Kap. 17 wird die Betrachtung auf den Menschen und auf das Volk Israel konzentriert.